Digital,  Randbemerkungen

Von Beugung und Biegung


 aber zuerst die Biegung, denn danach wird es extrem technisch, was vielleicht nicht jedermenschs Sache ist 🙂

Traveufer als Diptychon
Eine Flussbiegung der Trave zwischen LĂŒbeck und Dassow

Okay, und jetzt die Beugung: Einige Leser:innen hier kennen sich ja mit Fotografie aus 
 vielleicht fÀllt jemandem von euch etwas zu folgendem (zugegeben sehr speziellen) Problem ein?

Es geht also um Beugungseffekte, die dazu fĂŒhren, dass beim Abblenden ĂŒber einen bestimmten Punkt hinaus zwar die SchĂ€rfentiefe weiter zu-, die GesamtschĂ€rfe des Bildes durch Lichtbeugung an den RĂ€ndern der Blende jedoch noch stĂ€rker abnimmt. Dieser Grenz-Blendenwert ist direkt abhĂ€ngig von der SensorgrĂ¶ĂŸe und der Auflösung – je kleiner der Sensor und je höher die Auflösung, desto frĂŒher setzt der Beugungseffekt ein. Deshalb haben z.B. Handys oft Blendenwerte um f/2 oder niedriger und lassen sich nicht abblenden, weil das die BildschĂ€rfe sofort reduzieren wĂŒrde. (Genaueres dazu lest ihr bei Elmar Baumann.)

Bei (m)einer MFT-Kamera mit 16 MP verortet Herr Baumann die Grenzblende bei f/6,2, was sich mit meinen Erfahrungen deckt – weit ĂŒber f/5,6 sollte ich nicht abblenden, egal um welches Objektiv es geht. Das allerdings ist spĂ€testens dann blöd, wenn ich Großformat-Objektive adaptiere, die bei f/5,6 ihre Offenblende haben, da aber noch weich bis zur Fluffigkeit sind und ihr absolutes SchĂ€rfe-Optimum nicht vor f/11 erreichen, teilweise ĂŒberhaupt erst bei f/11 anfangen.

Andererseits adaptiere ich die GF-GlĂ€ser ja auch primĂ€r, um zu stitchen, also Überlappungs-Panoramen herzustellen. Und wenn ich dadurch auf eine Gesamt-SensorflĂ€che von z.B. 70x100mm komme, ohne die Ausgabe-Auflösung linear mitzuskalieren, kann ich ja in der Theorie deutlich weiter abblenden, ohne dass unerwĂŒnschte Beugungseffekte greifen.

Und jetzt kommt ihr, weil ich die Antwort zur folgenden Frage nicht theoretisch herleiten kann und in nĂ€chster Zeit auch nicht die Zeit fĂŒr umfangreiche Testreihen habe:

Was ist die beste Methode unter Beugungskontrolle- und GesamtqualitĂ€ts-Aspekten, um die Auflösung eines gestitchten Gesamtbildes zu reduzieren, so dass ich bereits bei der Aufnahme zwei, drei Stufen weiter abblenden kann, als es dem Einzelbild förderlich ist? Sollte man von Vornherein in der Kamera eine niedrigere Auflösung einstellen (was leider bedeuten wĂŒrde, in JPG statt Raw zu speichern)? Oder vielmehr die Einzelbilder so hoch aufgelöst wie irgend möglich, trotz Beugung, aufnehmen, um sie dann spĂ€ter auf die Endauflösung zu reduzieren? Falls letzteres: Kann es sogar nĂŒtzlich sein, zusĂ€tzlich den Multishot-Hires-Modus einzustellen, um die finale Auflösung spĂ€ter umso stĂ€rker zu reduzieren? Und schließlich: Welche Bearbeitungsschritte im Rahmen der normalen Bildbearbeitung (z.B. SchĂ€rfe, Tonwertkurven) sind vor, welche erst nach dem Downsampling sinnvoll?

Danke fĂŒr jeden Hinweis 🙂

6 Comments

  • siebbi

    Aus dem Bauch heraus und ohne lange darĂŒber gegrĂŒbelt zu haben wĂŒrde ich zu hoher Auflösung mit Beugung tendieren, denn ALLE Bildfehler werden spĂ€ter bei der Reduktion der Auflösung ja mit verkleinert. Außerdem halte ich ja viele von solchen Überlegungen fĂŒr „Perlen werfen“. ErbsenzĂ€hlerei. Sicher theoretisch berechtigt und akademisch interessant, aber im endgĂŒltigen, alleinstehenden Bild (ohne Nebeneinandervergleich) vollkommen irrelevant, weil ein Außenstehender in sicher >95% der FĂ€lle das ĂŒberhaupt nicht sieht. Der „normale“ Rezipient achtet gar nicht auf sowas. Der ganze Aufwand dient nur der eigenen Zufriedenheit. Das ist allerdings auch vollkommen OK und ein sehr guter Grund. Vielleicht sogar der wichtigste.
    Ich erinnere mich an eine Kollegin, die in meiner Fotozeitschrift mal ein vorher/nachher bearbeitetes Bild interessiert ansah und sagte: „Die sind doch völlig gleich, wo ist da der Unterschied?“. Und sie war nicht sehbehindert!

  • Aebby

    Moin, moin 😉

    ganz spontan noch ohne erdachte BegrĂŒndung wĂŒrde ich auch mit maximaler Auflösung arbeiten. Mache ich im Zweifelsfalle auch immer. Viele Pixel ermöglichen die NachschĂ€rfung beim Verkleinern. Das ist zwar nicht die „feine, puristische Art“, da die Panormaen aber ohnehin digital bearbeitet werden scheint mir das vertretbar.

    LG Aebby

  • derbaum

    ich kenne das phĂ€nomen natĂŒrlich habe mir aber noch nie gedanken darĂŒber gemacht 😉 – ich bin da eher bauchmensch. wenn es so unscharf wird dann ist das so und ich lebe damit – oder ich lasse das bild bleiben! wievile motive ich schon mehrfach besucht habe ohne ein brauchbares bild zustande zu bekommen – das glaubst du nicht 😉

  • cwoehrl

    Euer BauchgefĂŒhl deckt sich mit meinem, das ist schon mal gut 
 Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass ich berichten werde, wenn ich da neue Erkenntnisse habe 😉

    Jedenfalls ist es eine deutliche Erleichterung, wenn man vornerum mit voller Auflösung und Raw schießen kann, weil man sich dann nicht schon vor der Aufnahme auf einen bestimmten Weißabgleich festlegen muss 
 Was dann beizeiten auszuprobieren sein wird, das ist, ob Affinity sich beim Montieren eines Panoramas einfacher tut mit vorher schon runterskalierten Einzelbildern oder ob im Gegenteil der höhere Detailreichtum der vollen Auflösung die Montageergebnisse verbessert.

    @Siebbi: ErbsenzĂ€hlerei ist nun mal meine Kernkompetenz 
 Aber tatsĂ€chlich kommt man beim Kombinieren von Großformat-Optiken und relativ kleinem Sensor ziemlich schnell in Bereiche, in denen man die Defizite auch ohne Reinzoomen und Pixelpeeping recht deutlich sieht. So deutlich, dass es mich stört, obwohl ich ja viele objektive Fehler von Objektiven ihrem jeweiligen Charme zurechne. Offenblende sieht fast immer nach Weichzeichner aus, und bei Blende 16, wo meine Repro-Optiken grade erst anfangen, gut zu werden, sind die Beugungseffekte am MFT-Sensor halt schon sehr ausgeprĂ€gt.

  • cwoehrl

    Okay, hier die letzten Kommentare, die ich noch im Speicher eines anderen Rechners hatte, als mir Jetpack die Datenbank zerschossen hat und ich das Backup von heute 01:50 wiederherstellen musste:

    Aebby, Mittwochmittag:
    Noch ein kurzer Gedanke zu Deiner letzten Frage. Downsampling und SchÀrfe mache ich in einem und immer im letzten Schritt. Lange Gedanken konnte ich mir immer noch nicht machen.

    Bernhard, Mittwochabend:
    Lieber Christian, mein GefĂŒhl sagt mir, dass die volle Auflösung in RAW der bessere Weg ist. Eine niedrigere Auflösung wĂŒrde nur dann Sinn machen, wenn die Kamera 4 Pixel zu einem virtuellen großen Pixel zusammenschalten wĂŒrde. Dann hĂ€tte man ein 4 MPixel Kamera mit vierfach so großen Pixeln. Kannst Du mal Beispiele von Beugungsbildern einstellen? Bisher hatte ich damit keine Probleme, oder ich war kein ErbsenzĂ€hler sondern ein RiesenkĂŒrbiszĂ€hler 🙂 An der Pentax Q mit seinem super kleinen Sensor hĂ€tte mir das am ehesten auffallen mĂŒssen. Da muss ich mal Elmars Beitrag studieren und mal eigene Tests machen. LG Bernhard
    
 Lieber Christian, noch ein Nachschlag: Dir ist, denke ich, bewußt, dass sich der Blendenwert – SchĂ€rfentiefe mit dem Cropfaktor Ă€ndert. Hier einige Links dazu:
    https://fotografie.at/community/thema/42249-objektiv-vergleich-warum-man-die-blende-mit-dem-crop-factor-skalieren-muss/
    https://www.digitalkamera.de/Fototipp/Die_Bedeutung_der_kleinbildaquivalenten_Blende/6396.aspx
    https://www.elmar-baumann.de/fotografie/techtutorial/blende-09-50.html

    Vor allem letzter Artikel scheint es gut zu erklÀren. LG Bernhard

    Und ich als Antwort auf Bernhards Nachtrag:
    Moin Bernhard, diese ZusammenhĂ€nge sind mir klar – die SchĂ€rfentiefe ist nichts Absolutes, sondern der maximal zulĂ€ssige Zerstreuungskreis-Durchmesser ist fĂŒr den TiefenschĂ€rfeeindruck umso kleiner, je kleiner das Sensorformat ist.
    Deshalb ist es ja praktisch ausgeschlossen, mit kleinem Sensor und Weitwinkel- oder Normalobjektiv auf rein optischem Wege ein Motiv freizustellen, oder anders herum: Wenn ich mit SchĂ€rfe und UnschĂ€rfe gestalten will, kann ich das mit kleinen Sensoren im Prinzip nur mit Teleobjektiven machen; fĂŒr Weitwinkelaufnahmen mit geringer SchĂ€rfentiefe kann das Aufzeichnungsformat kaum groß genug sein.
    Und dann muss ich auch gar keine extreme LichtstĂ€rke haben. Mein SW-Nikkor 1:4/65 zum Beispiel klingt völlig unspektakulĂ€r und ist auch ziemlich klein und leicht, aber es erzielt bei Offenblende auf 4×5-Inch-Film denselben Eindruck, fĂŒr den ich auf Fullframe ein m.W. nicht existierendes 1:1,1/18mm (oder an MFT ein 1:0,55/9mm) brĂ€uchte. Drei Stufen abblenden fĂŒr optimale Abbildungsleistung, und du bist kleinbildĂ€quivalent immer noch bei einem 2,8/18 bei Offenblende 

    Das alles bezieht sich, wohlgemerkt, auf optische GesetzmĂ€ĂŸigkeiten. Dass man sich bei kurzen Brennweiten und winzigen Sensoren auch auf elektronisch-geschummeltem Wege zu sanfter HintergrundunschĂ€rfe verhelfen kann, beweisen neuere Handys mit Tiefensensoren 
 dazu schreibe ich nachher nebenan noch was.
    Aber viel lieber als elektronisch-geschummelt möchte ich halt Weitwinkelfotos mit selektiver SchĂ€rfe auf klassischem Wege machen – nur gern auch digital statt nur auf Film –, daher all diese Überlegungen, wie ich bei Stitching zu guter BildqualitĂ€t komme.

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