Randbemerkungen

Notizen zu Thüringen (Update)

Wie gestern schon kurz nachgetragen: Wenn so inter­essante Dinge passieren wie aktuell die Minister­präsidenten­wahl in Thüringen, dann wird die Nachrichten­diät natürlich ausgesetzt. Hier ein paar meiner Gedanken dazu (Nachtrag am Nachmittag: An denen der verspätete Rücktritt nichts Grundsätzliches ändert):

Formal war die Sache halt in Ordnung, ein ganz normaler demo­kratischer Vorgang sozusagen: Ein liberaler, tendenziell vermutlich eher konser­vativer Kandidat (ich kannte ihn bisher fast nicht) erzielt in geheimer Wahl die einfache Mehrheit gegen­über dem linken Kandidaten. Durch die speziellen Rahmen­bedingungen wurde es dennoch jenseits der Dämlichkeits­schwelle haar­sträubend in dem Moment, als Herr Kemmerich die Wahl annahm.

Denn der bisherige Amtsinhaber hatte nun mal Zustimmungs­werte weit oberhalb derer seiner Partei; soweit es sich von außen beurteilen lässt, war Herr Ramelow ein beliebter „Landesvater“. Hätte nun Kemmerich seine Wahl unter Verweis auf die höchst­wahrscheinliche Unter­stützung durch die AfD nicht ange­nommen, dann hätte sich womöglich manche*r die Augen gerieben und gesagt, ach guck, mittel­rechts gibts ja auch anständige Leute, was für sukzessive Landtags-Neuwahlen [*] vielleicht das eine oder andere Sympathie­pünktchen gebracht hätte. Aber nun hat er die Wahl ange­nommen und damit zu verstehen gegeben: Seinem Lager ging es nicht primär um Regierbarkeit, sondern vorrangig um einen „Königsmord“, für den man jeden Preis zu zahlen bereit war. Das ist ein denkbar schlechter erster Eindruck für eine Minderheits­regierung, die auf Jahre hinaus jede Entscheidung zäh erarbeiten muss. Da hilft es herzlich wenig, dass sich Kemmerich sofort verbal von der AfD abgegrenzt hat; hätte er stattdessen als Dankeschön, sagen wir, Björn Höcke das Kultus­ressort angetragen, dabei wäre wohl auch nicht viel mehr Porzellan zu Bruch gegangen …

[*] Nachtrag 7.3., um es sicherheits­halber klar­zustellen: Ich bin durchaus nicht der Ansicht, dass es Neuwahlen geben sollte. Die Wähler haben ihre Pflicht getan; es wäre jetzt Aufgabe des Landtags, sich auf die eine oder andere Weise zusammen­zuraufen und mit einer Minderheits­regierung weiter­zuarbeiten. Nur halt vorzugsweise ohne Betei­ligung der, oder auch nur Duldung durch die, AfD – denn selbst wenn man deren offene Verachtung für die Demokratie als KO-Kriterium ignorieren wollte, bliebe doch der Umstand, dass die sog. Bürger­lichen unter anderem für das Versprechen gewählt wurden, auf keinen Fall mit der AfD …

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